Den Schwingungen der Sterne auf der Spur

Delta-Scuti-Stern

Delta-Scuti-Stern HD 31901 (Bild: Chris Boshuizen/ University of Sydney)

Auch wenn Sterne die auffälligsten und am besten beobachtbaren Objekte am Nachthimmel sind – von ihrem Innenleben wissen wir bislang kaum etwas. Astronomen versuchen deshalb, durch die sogenannte Asteroseismologie mehr Einblick zu gewinnen. Dabei erlauben subtile Schwankungen im Licht der Sterne Rückschlüsse auf die Prozesse in ihrem Inneren. Jetzt ist Forschern dabei ein wichtiger Fortschritt gelungen. Denn erstmals haben sie die Schwingungen eines zuvor asteroseismologisch „unlesbaren“ Sternentyps entschlüsselt, der sogenannten Delta-Scuti-Sterne.

Im Inneren der Sterne herrschen extreme Bedingungen. Druck und Temperatur sind so hoch, dass in ihrem Kern selbst Atome miteinander verschmelzen. Bei dieser Kernfusion entsteht energiereiche Strahlung, die aus dem Sterneninnern nach außen strahlt. Der nach außen gerichtete Strahlungsdruck wirkt dabei der nach innen wirkenden Gravitation entgegen. Dieser Widerstreit zweier Kräfte erzeugt Wechselwirkungen und Turbulenzen, die den Stern oder Teile von ihm in komplexe Schwingungen versetzen. Die Oszillationen beeinflussen auch das vom Stern ausgehende Licht, so dass dessen Analyse Rückschlüsse darüber erlaubt, wie ein Stern schwingt, und damit auch, was in ihm vorgeht. „Dank dieser Asteroseismologie können wir einiges über das sonst verborgene Innere der Sterne herausfinden“, erklärt Co-Autorin Tanda Li von der University of Birmingham. Bei der Sonne und vielen anderen Sternen habe Astronomen so schon wertvolle Einblicke gewonnen.

Schwingungsmuster der Delta-Scuti-Sterne enträtselt

Doch es gibt eine häufige Klasse von Sternen, die sich bisher solchen Analysen entzieht: die sogenannten Delta-Scuti-Sterne oder Zwergcepheiden. Dabei handelt es sich um Sterne von 1,5 bis 2,5 Sonnenmassen, deren Helligkeit regelmäßig pulsiert. Neben der noch relativ leicht zu bestimmenden Grundschwankung zeigen diese Sterne jedoch eine Fülle komplexer „Obertöne“ im Schwingungsmuster, das dadurch bisher nicht gemessen und bestimmt werden konnte. Dadurch war es nicht möglich, ihr Schwingungsmuster mithilfe von astrophysikalischen Modellen bestimmten Strukturen oder Prozessen zuzuordnen. „Zuvor haben wir in diesen pulsierenden Sternen einfach zu viele durcheinandergewürfelte Noten gehört“, erklärt Erstautor Tim Bedding von der University of Sydney. „Es war ein chaotischer Klangteppich, wie er entsteht, wenn eine Katze über die Klaviertasten läuft.“

Doch nun ist es Bedding und seinem Team gelungen, erstmals Einblick in zumindest einen Teil der Delta-Scuti-Sterne zu erhalten. Dafür hatten sie die Helligkeitsschwankungen von tausenden von Delta-Scuti-Sternen in 60 bis 1400 Lichtjahren Entfernung ausgewertet, die das NASA-Weltraumteleskops TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) aufgezeichnet hat. Unter diesen Sternen identifizierten die Forscher eine Untergruppe von rund 60 Delta-Scuti-Sternen, die besonders schnell pulsieren, dafür aber relativ geordnete, einfacher zu entschlüsselnde Schwingungsmuster zeigen. „Die unglaublich präzisen Daten der TESS-Mission haben es uns erlaubt, das Klangchaos zu entwirren. Jetzt können wir eine Struktur erkennen und gleichsam die Melodien und Harmonien hören“, erklärt Bedding.

Neue Chancen für die Asteroseismologie

Dieser erste Einblick in die Schwingungsmuster der Delta-Scuti-Sterne liefert den Astronomen nun wertvolle Informationen über diese häufige Sternenklasse. „Die Identifizierung der Pulsationsmuster eröffnet uns einen neuen Weg, durch den wir die Massen, das Alter und die interne Struktur dieser Sterne bestimmen können“, erklärt Bedding. Gleichzeitig erleichtert es diese erste Gruppe von sehr regelmäßig schwingenden Delta-Scuti-Sternen, künftig auch Vertreter mit komplexeren, weniger regelmäßigen Pulsationsspektren zu entschlüsseln. „Die Identifizierung der regelmäßigen Schwingungsmuster bei diesen Sternen mittlerer Masse wird die Asteroseismologie in neue Bereiche führen“, so die Forscher. „So kann sie nun genutzt werden, um das Alter von jungen Sternengruppen, -haufen und -strömen zu bestimmen.“ Möglich wird dies, weil in vielen dieser stellaren Ansammlungen junge Delta-Scuti-Sterne aus der jetzt untersuchten Klasse vorhanden sind. Weil sich ihr Alter anhand der Schwingungen ermitteln lässt, kann man diese Altersschätzung auch auf die meist gleichalten Sterne in ihrer Nachbarschaft übertragen.

(Video: Chris Boshuizen)

Quelle: Tim Bedding (University of Sydney) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-020-2226-8

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